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Kulturgeschichte digital

Christian Gottlob Neefe (1748–1798)
Komponist, Musikdirektor und Lehrer Beethovens

Hier finden Sie Informationen zur Großfamilie Neefe im Rahmen eines umfangreichen Schülerprojektes.

Tafel

Enthüllung des folgenden Textes auf einer Tafel nebst Stein am 17. Dezember 2020, dem 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven.

DER NEEFEPARK CHEMNITZ liegt an der Neefestraße, die seit dem Jahr 1862 nach der berühmten Chemnitzer Tuchmacher- und Patrizierfamilie Neefe benannt wurde. Durch die Förderung der Großfamilie und des umfangreichen Schülerprojektes „FrEUdE nAcHhAlTiG“ entstand auch das im Dezember eingeweihte Denkmal für einen der bekanntesten Söhne der Stadt:

Christian Gottlob Neefe (1748–1798)
Komponist, Musikdirektor und Lehrer Beethovens

Der NEEFEPARK CHEMNITZ leistet mit der Stiftung zweier Gedenksteine einen kulturellen Beitrag und knüpft im Beethoven-Jahr damit im Sinne der Stifter an seine Traditionspflege an.

Dreibrüderstein

Etliche einflussreiche und wohltätige Bürger der Familien Neefe haben ihre Spuren in der langen Geschichte der Stadt Chemnitz hinterlassen, wobei viele Familien gleichen Namens ganz verschiedene Anerkennungen erfahren haben. Aus der Patrizierfamilie Neefe gingen zahlreiche Kaufmänner und Ratsherren hervor. Deren herausragendste Persönlichkeit war Johannes Neefe (1499–1574), Doktor der Medizin, Leibarzt und Berater der sächsischen Kurfürsten Moritz und August von Sachsen im 16. Jahrhundert und einer der berühmtesten Ärzte seiner Zeit. Er wurde (trotz seiner protestantischen Konfession) mehrfach von Kaiser Ferdinand I. als Arzt und auch als Berater nach Wien gerufen. Durch seine Verdienste erhob der Kaiser ihn und seine Brüder 1559 in den erblichen Adelsstand. Seine beiden Brüder waren der (damals reichste) Tuchhändler und Bürgermeister Paul Neefe (1507–1566) sowie Caspar Neefe (1514–1579), der ebenfalls Doktor der Medizin, kurfürstlicher Leibarzt und Berater war. Johannes Neefe stiftete u. a. Legate sowie 1599 eine große Geldsumme für die Bibliothek der Schule zum Heiligen Kreuz in Dresden.

Neefe-Stein

Der über die Stadtgrenzen hinaus heute bekanntere Christian Gottlob Neefe stammt hingegen aus der Familie des armen Schneidermeisters Johann Gottlieb Neefe und seiner Frau Johanna Rosina, geb. Weyrauch, wo es „an Mitteln mangelte“ (Autobiographie 1782). Er ist als erster bedeutender Lehrer des jungen Ludwig van Beethoven in die Musikgeschichtsschreibung eingegangen. Große Verdienste hat er sich allerdings vor allem als Komponist und Kapellmeister von Singspielen erworben.

Der am 5. Februar 1748 in Chemnitz geborene Neefe wuchs in der Klosterquergasse (zwischen Kloster- und Webergasse) auf und trat als Zwölfjähriger dem „großen Singechor“ seiner Taufkirche St. Jacobi bei. Er erhielt Unterricht beim Stadtorganisten Johann Friedrich Wilhelmi und beim Hohensteiner Kantor Christian Gotthilf Tag. Ein Ratsstipendium seiner Heimatstadt ermöglichte ihm ein Studium der Rechte und Moralphilosophie an der Universität Leipzig. Dort lernte er seinen „nachher so verehrungswürdigen Freund“Johann Adam Hiller kennen, dem ersten Gewandhauskapellmeister und späteren Thomaskantor. Mit ihm teilte er das Leiden der „Hypochondrie“, einer Modekrankheit des 18. Jahrhunderts, die ihn besonders in den Jahren 1770/71 „so mit kranken Einbildungen erfüllt, daß ich nur höchst selten arbeiten konnte, daß ich oft die Jahreszahl vergaß, daß ich beim hellsten blauesten Himmel regnen sahe, daß ich bald diese, bald jene Todesart fürchtete“.

Hiller begeisterte Neefe für das deutsche Singspiel und für eine Berufslaufbahn als Musiker. Neefe schloss sein Studium ab mit der Disputation über die – wohl selbstreferenzielle – Frage: „Ob ein Vater befugt sei seinen Sohn zu enterben, weil er sich dem Theater geweihet?“, kehrte jedoch der „wächsernen Nase der Gerechtigkeit“ den Rücken und verkehrte fortan mit bekannten Philosophen, Literaten und Musikern wie Christian Fürchtegott Gellert, Christian Felix Weisse, Johann Jakob Engel und Christian Garve sowie mit Adam Friedrich Oeser. Musikalischen Kontakt pflegte er zu Johann Friedrich Reichardt, Daniel Gottlob Türk, Johann Wilhelm Häßler und Georg Simon Löhlein. Hiller unterstützte Neefes musikalische Karriere, so u. a. als einen seiner ersten Schüler in seiner Privaten Singschule in Leipzig, durch Zuarbeit von zehn Arien für Hillers Singspiel Der Dorfbalbier (1771), durch Unterstützung von Neefes eigenen Kompositionen der Singspiele Die Apotheke (1771), Amors Guckkasten (1772), Die Einsprüche (1772) und Zemire und Azor (1776) sowie der Carl Philipp Emanuel Bach gewidmeten Zwölf Klavier-Sonaten (1773).

Hiller führte Neefe „öffentlich in die musikalische Welt ein“ und überließ ihm 1776 den Posten des Kapellmeisters der deutschlandweit renommierten Schauspielergesellschaft von Abel Seyler, dem „Vater des Sturm und Drang“. Neefe sollte fortan ein reisefreudiges Musikerleben in Dresden sowie an Rhein und Main führen. Neefe zögerte kurz, da er noch „ein liebes braves Mädchen“, die Bürgermeistertochter Charlotte Kunigunde Wendt, in Chemnitz als seine „geliebteste Freundin“ wusste.

Doch der Prinzipal Seyler „stellte mir den nützlichen Einfluß einer solchen Reise auf meine Gesundheit vor, (welchen ich in der Folge auch erfahren), daß ich die heilsamsten Bäder und mineralischen Brunnen dort fände, mich durch kräftigen ungeschminkten Rheinwein stärken und durch alles dies meiner Hypochondrie einen solchen nachdrücklichen Streich versetzen könne, daß sie mich vielleicht nie wieder heimsuchen werde. Ich ließ mich überreden und reiste also im Jahr 1777 mit seiner Gesellschaft nach Frankfurt am Main. Die Entfernung von meinem Vaterlande und all den Lieben darin, tat meinem Herzen sehr weh. Doch zogen mich nach und nach die zauberischen Schönheiten der mainischen und rheinischen Gegenden an sich, und die nebst vielen anderen neuen Gegenständen minderten den Kummer der Trennung.

Die Truppe trat neben Frankfurt (Main) auch in Mainz, Köln, Hanau, Mannheim, Bonn und Heidelberg zumeist mit Singspielen auf und hinterließ stets den Funken der Theaterwelt, der an diesen Orten neue Theater oder gar Nationaltheater entstehen ließ. Der gute Ruf des Ensemblespiels ist mit Neefes Namen untrennbar verbunden.

Die glücklichen Umstände bescherte Neefe seine Ehe mit Susanna Maria, geb. Zink, die beide am 17. Mai 1778 in Frankfurt (Main) besiegelten. Sie war Sängerin und Schauspielerin in Seylers Theater und eine Pflegetochter des Kapellmeisters Georg Anton Benda in Gotha, wo sie vorher als Hofsängerin wirkte. Die „redliche, zärtliche Gattin“ gebar ihm drei Töchter und drei Söhne, denen sie ihre Leidenschaft für die Musik vererbten.

Nach Auflösung der Theatergesellschaft im Jahr 1779 interessierte sich Neefe für eine Anstellung am Dresdner Hoftheater. Da dessen Impresario Pasquale Bondini sich um Neefe bemühte, jedoch zu lange zögerte, folgten die Neefes der „Kurkölnischen Hofschauspielergesellschaft“ des bereits bei Seyler tätigen Gustav Friedrich Großmann und Karl Hellmuth nach Bonn, die mit der Gründung eines Nationaltheaters am Hof des Kurfürsten und Erzbischofs von Köln, Maximilian Friedrich, am 26. November 1779 eine gezielte Pflege deutscher Opern verfolgte. Nach dem Tod von Gilles van den Eeden im Juni 1782 wurde Neefe dessen Nachfolger als Hoforganist, vertrat für ein Jahr den reisenden Hofkapellmeister Andrea Lucchesi und unterrichtete u. a. den jungen Ludwig van Beethoven. Ihm legte er Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertes Clavier zum Studium vor (unabhängig davon, ob Beethoven den Zyklus von Neefe oder von dem Verleger Nicolaus Simrock erhielt) und beurteilte Beethovens Talent:

„Dieses junge Genie verdiente Unterstützung, daß er reisen könnte. Er würde gewiß ein zweiter Wolfgang Amadeus Mozart werden, wenn er so fortschritte, wie er angefangen.“

Beethoven soll seinem Lehrer Neefe gedankt haben

„für Ihren Rath, den Sie mir sehr oft bei dem Weiterkommen in meiner göttlichen Kunst ertheilten. Werde ich einst ein grosser Mann, so haben auch Sie Theil daran, das wird Sie um so mehr freuen, da Sie überzeugt seyn können u. s. w.“

Neefe beförderte die ersten Werke Beethovens zum Druck. Der Einfluss Neefes auf Beethoven war nur begrenzt, da Beethoven schon als junger Mensch gefestigte Vorstellungen und genügend musikalische Praxis hatte. Bereits nach wenigen Jahren erfuhr das Lehrverhältnis 1784 ein unüberwindbarer Bruch, der (nach Meinung von Jürgen May) mit der prekären wirtschaftlichen Lage der Familie Beethoven („drückende Schulden bei abnehmender Erwerbsfähigkeit des [alkoholabhängigen] Vaters“) und dem darauf folgenden Wechsel der Hoforganistenstelle von Neefe zu Beethoven in Verbindung zu bringen sei (May, „Neefe als Teilhaber an Beethovens Ruhm“, S. 242).

Bis zur Schließung des Hoftheaters (also vor dem Ableben „unsers wahrhaft guten alten Kurfürsten“ Max Friedrich im Jahr 1784) lebten, spielten und musizierten die Neefes in Bonn und auf Reisen nach Münster, Pyrmont und Kassel, „wo ich in eine Gesellschaft der weisesten und rechtschaffensten Männer, die nach einem großen Plane für das Glück der Menschheit vereint arbeiten, aufgenommen zu werden gewürdigt ward“. Seine Aufnahme als Freimaurer in den Illuminatenorden sollte seine freimaurerischen Ideen bestärken und sein „Netzwerk“ der Brüder im Geiste über das Verbot des Ordens im Jahr 1784 hinaus (in der Bonner Lese- und Erholungs-Gesellschaft) bereichern.

Mit seinem Melodram Sophonisbe, die noch auf Anregung Seylers entstand, konnte Neefe sich bei seinem Prinzipal Großmann 1778 empfehlen. Sein größter Opernerfolg gelang Neefe mit seiner Oper Adelheit von Veltheim (Frankfurt/Main 1780) auf einen Text von Großmann. Sie wurde später in vielen Vorstellungen in Bonn, Münster und Kassel von Großmanns Truppe dargeboten, in einer fremden Inszenierung in Berlin gar 17 Mal gegeben. Die daraufhin von Neefe als sein „Paradepferd“ titulierte Entführungsgeschichte steht in der Tradition der damals beliebten „Türkenopern“. Mozarts Belmont und Constanze, oder Die Entführung aus dem Serail wurde nur zwei Jahre später uraufgeführt.

Mit der Okkupation des Rheinlandes durch französische Truppen bis Oktober 1794 geriet Neefes Familie in Krieg, Zwangsanstellung in der französischen Verwaltung und in Armut; in der „mußten wir ein Stück nach dem andern verkaufen, um nur leben zu können!“ Einen Ausweg bot die Tochter Louise, die ein Engagement in der „Fürstlich-Anhaltischen Hofschauspieler-Gesellschaft“ von F. W. Bossann in Dessau angenommen hatte und ihren Vater als Musikdirektor erfolgreich empfehlen konnte. Dorthin reiste Neefe mit seiner Frau im Dezember 1796 nach zweimonatigem Aufenthalt in Leipzig und übernahm für eine Spielzeit die Leitung des Dessauer Theaters, an dem später auch die Tochter Margarethe, die spätere Frau von Ludwig Devrient, als Hofsängerin wirkte.

Christian Gottlob Neefe starb am 26. Januar 1798 in Dessau, wo er auf dem Neuen Begräbnisplatz seine letzte Ruhe fand, nach einem – wie seine Frau mitteilte – „ganz ungewöhnliche[n] Katarrh.[…] Sein Ende war so ruhig und sanft, als sein Leben unruhig und kummervoll gewesen war.“

Christoph Koop i.V. der Schüler

 

Christian Gottlob Neefes Motto:
„Rang und Titel sind mir gleichgültig, wenn sie nichts zu kräftiger Wirksamkeit beitragen.“

Fazit

Erkenntnis der Schüler: Trotz Armut, Not und Krankheit („… Neefe hatte sogar einen Buckel!“) lohnt es sich, trotz aller Widrigkeiten für seine Überzeugungen einzusetzen, auf dass das Leben (be)glückt.

Die Großfamilie Neefe besteht bis heute. Sie kennt 13 verschiedene Namensträger unterschiedlicher Herkunft und initiiert regelmäßig Familientreffen.

Die überregionale Schülerinitiative „FrEUdE nAcHhAlTiG“ (Schirmherr Staatsminister Wolfram Günther, SMUL) wurde in Chemnitz gegründet und setzt sich u. a. mit Umweltbildung auseinander und wird seitdem von vielen Partnern unterstützt. Ziel ist die Wahrnehmung von Schulen als vielseitiger Gestalter im öffentlichen Raum.

Die Tafel, die Steine und das legendäre wie temporäre Adelheit von Veltheim-Opernzimmer als „Neefe-Guckkasten“ im Neefepark auf der Neefe-Mall mit ca. 500 Gemälden, Scherenschnitten und Schattenrissen (ohne Storch) sowie zweier Marx-Büsten (Komponist und Kommunist) und einem Beethoven-Thron mit historischem neefeschen Opernvorhang (Neefe-Legat) zu Adelheit von Veltheim – Fürsten von Rügen (Neufassung) und einem zweihundertseitigen neuen Libretto mit Texten aus AT und NT, Regine Hildebrandt, Hans Carl von Carlowitz („Courage trifft Nachhaltigkeit“), Rügen-Insulanern in der Wunschfassung Neefe–Kirchner–Marx–Schweppe–Flade und junger Autoren … wurden von sächsischen Schülerinnen und Schülern in Zusammenarbeit mit der k&jbs mit freundlicher Unterstützung des NEEFEPARK CHEMNITZ entwickelt und gestaltet.

 

Der NEEFEPARK CHEMNITZ bedankt sich beim Team und allen Beteiligten des Projektes.

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